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Jan A. Aertsen (1938-2016)

Direktor des Thomas-Instituts (1993-2003)

„Over time, my conviction has grown that medieval philosophy can be regarded as a way of transcendental thought, as a scientia transcendens.“

J. A. Aertsen, Medieval Philosophy and the Transcendentals. The Case of Thomas Aquinas, Leiden-New York 1996, S. 19.

Mit seiner Grundthese, dass die Transzendentalienlehre nicht einfach nur ein Konzept neben vielen anderen, sondern zentraler Bestandteil des mittelalterlichen philosophischen Denkens überhaupt ist, hat Jan A. Aertsen das Paradigma, mit dem wir über die Philosophie des Mittelalters sprechen grundlegend verändert.

Vor der Veröffentlichung seines Hauptwerkes Medieval Philosophy as Transcendental Thought (2012) stand jedoch ein intensives Studium der Philosophie und Geschichtswissenschaft an der Vrije Universiteit Amsterdam. Dort promovierte Aertsen im Jahr 1982 mit einer Schrift zum metaphysischen und naturphilosophischen Denken des Thomas von Aquin, die den Grundstein für eine fruchtbare Auseinandersetzung mit dem Namensgeber unseres Instituts legte. Ab 1984 lehrte Aertsen an der Vrije Universiteit Amsterdam und übernahm dort den Lehrstuhl für „Mittelalterliche und moderne katholische Philosophie“, bis er im Jahr 1994 den Ruf nach Köln folgte und dort als Nachfolger von Albert Zimmermann die Professur für die „Geschichte der Philosophie des Mittelalters“ annahm und zum vierten Direktor des Thomas-Instituts ernannt wurde.

Am Thomas-Institut fand er eine intellektuell anregende Atmosphäre und die Ressourcen vor, um sich seinem Forschungsschwerpunkt der Entwicklung und Systematik der Transzendentalienlehre im Mittelalter widmen zu können.

In seine Zeit als Institutsdirektor fallen aber nicht nur persönliche wissenschaftliche Erfolge wie etwa die Monographie Medieval Philosophy and the Transcendentals. The Case of Thomas Aquinas (1996), zahlreiche Aufsätze und Herausgeberschaften, sondern auch bedeutende institutsgeschichtliche Errungenschaften. Zu diesen Errungenschaften zählen unter anderem die mit großem Engagement weitergeführte Tradition der Kölner Mediaevistentagung, die Gründung des Meister Eckhart-Archivs, die Ausweitung der redaktionellen Tätigkeiten des Thomas-Instituts durch die Fortführung und Neuausrichtung der Recherches de Théologie et Philosophie médiévales (RTPM), die Leitung des Averroes Latinus-Projekts der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften sowie die Gründung der Gesellschaft für Philosophie des Mittelalters und der Renaissance (GPMR) als dessen Geschäftsstelle das Thomas-Institut mehr als ein Jahrzehnt fungierte.

Ein besonderer Höhepunkt war sicherlich die Ausrichtung des richtungsweisenden X. Internationalen Weltkongresses der Société Internationale pour l'Étude de la Philosophie Médiévale (S.I.E.P.M.) 1997 in Erfurt mit dem Generalthema „Was ist Philosophie im Mittelalter?“ gemeinsam mit Andreas Speer. Im Zuge des Kongresses wurde dem damals 59-jährige Niederländer die Vizepräsidentschaft der S.I.E.P.M. übertragen.

Im Jahr 2004 endete schließlich das ereignisreiche Direktorat von Jan A. Aertsen mit dessen Emeritierung. Aber auch im Ruhestand blieb er der Forschung, der Philosophie und dem Thomas-Institut eng verbunden. Schließlich gelang es ihm im Jahr 2012 sein bahnbrechendes und preisgekröntes Lebenswerk zur Transzendentalphilosophie im Mittelalter mit dem Titel Medieval Philosophy as Transcendental Thought. From Philip the Chancellor (ca. 1225) to Francisco Suárez zu vollenden, für das er 2013 mit dem „Journal of the History of Philosophy Book Prize“ ausgezeichnet wurde. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Aertsen mit der Arbeit an einem unvollendeten Projekt zur Rekonstruktion der Transzendentalien-Metaphysik im Opus propositionum des Meister Eckhart.

David Metternich