Paul Wilpert (1906-1967)
Direktor des Thomas-Instituts (1954-1967)
Paul Wilpert, geboren am 26. April 1906 in München, studierte in seiner Geburtsstadt Philosophie, Psychologie, Pädagogik und klassische Philologie. Den Doktortitel erhielt er 1929 für seine Dissertation Das Problem der Wahrheitssicherung bei Thomas von Aquin. Ein Beitrag zur Geschichte des Evidenzproblems („Summa cum laude“) . Aufgrund von politischen Schwierigkeiten, welche über die Kriegszeit hinweg noch gravierendere Folgen für Wilperts Forschung und Lehre haben sollten, konnte er seine Habilitation allerdings erst nach einer nicht unerheblichen Verzögerung veröffentlichen. Fertiggestellt hatte er diese zwar schon 1933, publizierte sie dann allerdings erst zeitgleich mit Antritt seiner ersten Professur für Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Passau 1937 unter dem Titel Das Substanzproblem bei Aristoteles. Zu Beginn des Krieges wurde er für den Kriegsdienst eingezogen und litt zusätzlich unter einem Lehrverbot, welches durch die nationalsozialistischen Behörden gegen ihn verhängt worden war. Nach Ende des Krieges nahm er seine Lehrtätigkeit wie auch seine philosophischen Forschungen wieder auf, wobei er zusätzlich im Rahmen der Reformierung des Bayrischen Hochschul- wie auch des allgemeinen Schulwesens eine nicht unerhebliche Rolle spielte. Zu nennen wären hier seine Tätigkeit als Mitglied des Direktoriums der Bayerischen Schulreform-Kommission und sein Vorsitz des Bayrischen Landesverbandes für freie Volksbildung. Im Jahre 1954 verließ er seine Heimat und trat die Nachfolge von Josef Koch als Direktor des Thomas Instituts der Universität zu Köln an. Mit dieser Stellung übernahm Wilpert auch den Lehrstuhl für die Philosophie des Mittelalters. Darüber hinaus hatte er ab 1965 auch die Stelle des Dekans der Philosophischen Fakultät inne. Diesen Verantwortungen ging er bis zu seinem plötzlichen Tode 1967 nach.
Während seiner Zeit als forschender und lehrender Philosoph wurde er von Kollegen und in Fachkreisen besonders für die Herausgabe der Zeitschrift Archiv für Geschichte der Philosophie geschätzt, für deren Wiederbelebung und anschließenden Erfolg er als Hauptherausgeber maßgeblich Verantwortung trug. Neben dieser Herausgeberschaft etablierte er die Miscellanea mediaevalia als zentrale Reihe des Thomas-Instituts, in der die Vorträge der Kölner Mediaevisten-Tagungen seit 1956 gesammelt veröffentlicht werden. Nicht zuletzt verfasste er einige Aufsätze zu Nikolaus von Kues und übersetzte einige der bekanntesten Schriften aus dem Lateinischen ins Deutsche. Neben seinen zahlreichen Beiträgen zur philosophischen und historischen Erforschung des Mittelalters und seinen philologischen Arbeiten schrieb er zusätzlich auch Aufsätze zur antiken Philosophie. Beginnend mit seiner Habilitation aber auch nach deren Veröffentlichung lieferte Wilpert immer wieder substanzielle Beiträge zur Aristoteles-Forschung. Auch führte seine Arbeit zur Wiederentdeckung einiger verlorener aristotelischer Schriften. Insgesamt verfasste Wilpert Zeit seines philosophischen Wirkens sowohl relevante Beiträge zur mittelalterlichen und antiken philosophiehistorischen Forschung, übernahm aber auch Verantwortung als Universitätsprofessor der Philosophie und trug somit maßgeblich zu Erhalt und Forschungsfortschritt seines Faches bei.
Lorenz Wohlgemuth
Curriculum Vitae
- * 26. April 1906 in München
- Studium der Philosophie, Psychologie, Pädagogik und klassischen Philologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München
- 1929 Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität München
- 1937 Habilitation: Das Substanzproblem bei Aristoteles
- 1937 Professur für Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Passau
- 1939 Lehrverbot
- 1954-1967 Direktor des Thomas-Instituts
- 1965-1967 Dekan der Philosophischen Fakultät
Zentrale Werke
Herausgeberschaften
- Antike und Orient im Mittelalter. In: Miscellanea mediaevalia Bd. 1. Vorträge der Kölner Mediaevistentagungen 1956-1959. Berlin 1962.
- Die Metaphysik im Mittelalter. Ihr Ursprung und ihre Bedeutung. In: Miscellanea mediaevalia Bd.2. Vorträge des II. Internationalen Kongresses für Mittelalterliche Philosophie. Berlin 1963.
- Beiträge zum Berufsbewußtsein des mittelalterlichen Menschen; In: Miscellanea mediaevalia Bd.3. Berlin 1964.
- Judentum im Mittelalter. Beiträge zum christlich-jüdischen Gespräch; In: Miscellanea mediaevalia Bd.4. Berlin 1966.
- Universalismus u. Partikularismus im Mittelalter; In: Miscellanea mediaevalia Bd.5. Berlin 1968.
- Lex et sacramentum im Mittelalter in: Miscellanea mediaevalia Bd. 6. Berlin 1969.
Monografien
- Das Problem der Wahrheitssicherung bei Thomas von Aquin. Ein Beitrag zur Geschichte des Evidenzproblems; In: Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters, Bd. 30,3. Münster 1931.
- Was heisst philosophieren? In: Reden und Vorträge der Hochschule Passau Bd. 12. Nürnberg 1947.
- Der Einzelne u. die Gemeinschaft; In: Pädagogisches Wissen u. Wirken Nr. 4/5. Donauwörth 1949. 4. Zwei aristotelische Frühschriften über die Ideenlehre. Regensburg 1949.
Aufsätze
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- Das Urteil als Träger der Wahrheit nach Thomas v. Aquin, in: Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft, 36, 56-75. 1933 München.
- Die wissenschaftliche Persönlichkeit des Aristoteles, in: Blätter für deutsche Philosophie, 12, 293-303. 1938.
- Die Wahrhaftigkeit in der aristotelischen Ethik, in: Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft, 53. 1940 München.
- Reste verlorener Aristoteles-Schriften bei Alexander v. Aphrodisias, in: Hermes, 75, 369-396; 1940.
- Neue Fragmente aus "Peri Tagathou", in: Hermes 76, 225-237. 1941.
- Die Lage der Aristotelesforschung, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 1, 123-140. 1946.
- Platons Altersvorlesung über "Das Gute", in: Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft 59, 1-13. 1949.
- Die Elementenlehre des Platon u. Demokrit, in: Josef Hanslmeier (Hrsg.), Natur, Geist, Geschichte, 49-66; Festschrift für Aloys Wenzl. München 1950.
- Das Problem der "coincidentia oppositorum" in der Philosophie des Nikolaus v. Kues, in: Stud. u. Texte zur Geistesgesch. des Mittelalters, Bd. 3, 39-55;. Leiden 1953.
- Eine Kontroverse des 15. Jh.s, in: Passauer Studien, 209-227;. Festschrift für Bischof Dr. Dr. Simon Konrad Landersdorfer zum 50. Jahrestag seiner Priesterweihe. Passau 1953.
- Die deutschen Texteditionen zur Gesch. der Philos. des Mittelalters, in: Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft, 63, 222-224, 1955.
- Die Stellung der Schrift "Über die Philosophie" in der Gedankenentwicklung des Aristoteles, in: Journal of Hellenic Studies 77, 155-162. 1957.
- Die philos. Kritik im Altertum u. Mittelalter, in: Studium generale 12, 471-485. 1959.
- Zur Interpretation von Metaphysik Z 15, in: Archiv für Geschichte der Philosophie 42, 130-158. 1960.
- The fragments of Aristotle´s lost writings, in: Probleme der Aristotelesforschung, 231-241.
Übersetzungen
- Nikolaus von Kues, Vom Nichtanderen. Übers. u. mit einer Einführung u. Anmerkungen versehen v. Paul Wilpert; Schriften des Nikolaus von Kues, Bd. 12. Hamburg 1952.
- Nikolaus von Kues, Die Jagd nach Weisheit. Übersetzt u. mit einem Vorwort u. Anmerkungen hrsg. v. Paul Wilpert; Schriften des Nikolaus v. Kues, Bd. 14. Hamburg 1964.
- Nikolaus von Kues, Die belehrte Unwissenheit Buch 1. Übers. u. mit Vorwort u. Anmerkungen hrsg. v. Paul Wilpert; Schriften des Nikolaus v. Kues Bd. 15a. Hamburg 1964.
- Nikolaus von Kues, Die belehrte Unwissenheit Buch 2. Übers. u. mit Vorwort, Anmerkungen u. Register hrsg. v. Paul Wilpert; Schriften des Nikolaus v. Kues Bd. 15b. Hamburg 1967.
Literatur zu Paul Wilpert