zum Inhalt springen

Albert Zimmermann (1928-2017)

Direktor des Thomas-Instituts (1967-1993)

Albert Zimmermann hat nicht erst als dritter Direktor des Thomas-Instituts das Fundament seines metaphysischen Denkens etabliert. Die Fragen danach, was es überhaupt gibt, was der Sinn des Seienden sei und auf welche Weise hierfür zu fragen wäre, sorgen im Laufe der Philosophiegeschichte für eine mannigfaltige Auswahl an Antwortmöglichkeiten. Handelt es sich um einfache Fragen oder um solche, die verstrickt, in Falten und Schichten gleichsam verhüllt aufkommen? Und zeigt sich dabei, dass es ein gesuchtes, sicheres Prinzip, von dem alles ableitbar wäre, gar nicht gibt?

Die gezielte Ausrichtung dieser metaphysischen Frage auf die tausendjährige Epoche zwischen der Antike und dem, was wir gemeinhin Moderne nennen, begleitet Zimmermann, der am 05. Juni 1928 in Bergheim im Rhein-Erft-Gebiet geboren wird und sich an der Universität Köln zum Lehrer für Philosophie, Physik und Mathematik ausbilden lässt, spätestens seit der Promotion. Das Doktorat schließt er bei Josef Koch mit einer Edition der Quaestiones des Siger von Brabant zur aristotelischen Physik ab. Mit der Promotion bei Koch ist nicht nur der Bezug zum Thomas-Institut, sondern auch eine inhaltliche Ausrichtung begründet, die Zimmermann zeitlebens begleiten wird. Die Frage nach dem Gegenstand der Metaphysik kann nicht ohne ihre Überlieferung durch die Arbeiten des Aristoteles bedacht werden und sie kann nicht nur und erst mit Kant auf sichere Füße gestellt werden. Als Habilitationsstipendiat der DFG arbeitet er von 1957-1960 am Stoff für seinen wohl bedeutendsten Text. Ontologie oder Metaphysik? Die Diskussion über den Gegenstand der Metaphysik im 13. und 14. Jahrhundert wird 1965 veröffentlicht und 1998 umfassend überarbeitet und erneut gedruckt. Die hier bearbeiteten Texte zur mittelalterlichen Rezeption metaphysischer Fragen durch etwa Albertus Magnus, Thomas von Aquin, Siger von Brabant, Heinrich von Gent, Duns Scotus, Franziskus von Marchia und Johannes Buridan umfasssen einen beachtlichen Korpus, der die spätmittelalterliche Metaphysik vor allem als Ontologie vorstellt: „Die Frage nach dem Wesen der Metaphysik, wie es damals gedacht wird, kann nur zureichend beantwortet werden, wenn man zu verstehen versucht, was das Seiende als das Subjekt dieser Wissenschaft jeweils bedeutet“ (Zimmermann 1998, 416). Weder philosophiehistorisch noch -systematisch wäre die Seinsfrage überhaupt anzugehen, ohne Überlegungen zu berücksichtigen, die nach dem Gegenstand der zugehörigen Disziplin fragen. Hierzu bietet Zimmermann bis heute einen einschlägigen, kaum zu vernachlässigenden Zugang.

Mit der Habilitation erfolgt 1964 die Ernennung zum Wissenschaftlichen Rat und Professor in Köln, 1966 ein Ruf nach Siegen und ein Jahr später (WS 1967/1968) der Ruf nach Köln an das Thomas-Institut als Nachfolger Paul Wilperts und damit auch als Professor für die Philosophie des Mittelalters am Philosophischen Seminar der Universität zu Köln. Nicht nur als Forscher, sondern vor allem als Lehrer und bedeutende Figur des Diskurses zur mittelalterlichen Philosophie trat Zimmermann hervor. Er gab die Miscellanea Medievalia, die Studien und Texten zur Geistesgeschichte des Mittelalters heraus, war Mitherausgeber des Archivs für die Geschichte der Philosophie und der Zeitschrift Vivarium. Für die Kölner Mediävistentagung, die alle zwei Jahre veranstaltet wird, ist Zimmermanns Amtszeit entscheidend, was ihre internationale Ausrichtung und Relevanz anbelangt. Weitere Höhepunkte seiner Arbeit bestanden in der Direktion der Averrois Opera der Union Académique Internationale (UAI), in der Leitung der Averroes Latinus-Arbeitstelle der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften am Thomas-Institut, in der Ernennung zum Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln 1977, sowie 1982 in der Vizepräsidentschaft der Société Internationale pour l’étude de la Philosophie Médiévale (S.I.E.P.M.), auf die 1992 seine Ernennung zum Präsidenten folgte, die ihren Höhepunkt in dem 1997 vom Thomas-Institut organisierten zehnten Weltkongress für mittelalterliche Philosophie in Erfurt fand.

Zimmermann verstand sich allerdings nicht als isolierten Mediävisten innerhalb der Philosophie, sondern legte großen Wert darauf, das Gut geistiger Freiheit von seiner Position aus auf die gesamte Philosophie und deren gesellschaftliche Rolle zu übertragen. Seine Verdienste um die Thomas-Forschung stehen hierfür Pate.

Julian Pieper